Die letzten Jahre waren turbulent. Geprägt von vielen Krisen, die einen großen Einfluss auf die Preise für die Beschaffung von Strom und Gas hatten. Enorme Preissprünge waren die Folge. Mit Corona und dem Herunterfahren der Produktion gingen die Preise nach unten, doch die größeren Auswirkungen hatte die Energiekrise nach dem Beginn des Ukraine-Krieges. Die Preisentwicklungen waren um ein Vielfaches extremer.
Patrick Kruppa, Leiter der Abteilung Erzeugungs- und Portfoliomanagement bei SüdWestStrom, gibt Ihnen einen kleinen Einblick in die aktuelle Preisentwicklung auf den Beschaffungsmärkten.
Wie entwickeln sich die Marktpreise zurzeit?
„Aktuell ist das Preisniveau in etwa wie Anfang des Jahres 2024. Dies war nicht unbedingt zu erwarten, da es bis Ende Februar einen starken Abwärtstrend gab. Im Februar 2024 musste SüdWestStrom für seine Stadtwerke-Kunden für das Frontjahr nur 70 €/MWh für Strom bezahlen. Seitdem hat sich der Marktpreis wieder nach oben entwickelt. Momentan können wir eine Seitwärtsbewegung bei den Strom- als auch Gaspreisen beobachten – mit erheblichen Ausschlägen in beide Richtungen“, berichtet Patrick Kruppa. Strom kostet jetzt knapp unter 100 €/MWh und Gas etwa 45 €/MWh. Im Gas ist das Niveau niedriger aber hier gab es einen ähnlichen Jahresverlauf.
„Zusammenfassend kann man sagen, dass sich die Energiepreise auf dem neuen Niveau eingependelt haben – mit der neuen, deutlich erhöhten Volatilität“, so Patrick Kruppa. „Der Preisschock, ausgelöst durch die Energiekrise, ist vorbei. Allerdings sind die Preise nach wie vor um Faktor zwei bis drei höher als vor der Krise. Vielleicht werden sie noch günstiger, doch ein Niveau wie vor Corona werden wir absehbar kaum mehr erreichen. Denn preisgünstiges Gas aus Russland ist aktuell keine Alternative. Auch zukünftig werden die Beschaffungswege weiterhin diversifiziert bleiben, um die Abhängigkeit von einzelnen Akteuren zu reduzieren. Alternative Wege wie LNG sind teurer.“
Was beeinflusst die Energiepreise neben neuen Beschaffungswegen?
„Zum einen sind dies die Konfliktherde wie im Nahen Osten, die Auswirkungen auf relevante Schifffahrtswege haben. Zum anderen gibt es aber auch saisonbedingte Produktionseinflüsse, wie Hurrikans in den USA oder Wartungsarbeiten. Dies alles hält die Preise zurzeit auf einem hohen Niveau. Dazu stellt sich die Frage, wie es nach dem Administrationswechsel in den USA weitergeht. Zu erwarten ist, dass das Fracking weiter an Fahrt gewinnen wird, Zölle einen Einfluss haben könnten und die USA als Exporteur den Öl-Preis zunehmend mitbestimmen werden“, schätzt Patrick Kruppa die Lage ein.
Hinzu kommt die Wirtschaftsflaute im deutschen Binnenmarkt und die großen Fragezeichen, wie sich die Wirtschaft in 2025 entwickeln wird und welchen Effekt eine neue Bundesregierung hat. Denn die wirtschaftlichen Entwicklungen spiegeln sich in den Energiepreisen wider. Patrick Kruppa erklärt, dass der Terminmarkt viel an Erwartungen gebunden ist und diese versuchen Analysten in ihren Prognosen vorwegzunehmen und einzupreisen.
Und wie sieht dann die Prognose für die nächsten Monate aus?
„Die Witterung spielt eine große Rolle. In den letzten Jahren hatten wir warme Winter. Wird es diesen Winter ähnlich warm, dann sollten sich die Energiepreise stabil halten. Wird es kälter, dann werden die Marktpreise steigen. Aber“, so Patrick Kruppa, „es kommt auch auf den Nahost-Konflikt an und ob es weitere Eskalationsschritte geben wird. All dies beeinflusst unsere nächsten Monate“.
Über Patrick Kruppa:
Patrick Kruppa ist seit über elf Jahren bei SüdWestStrom. Seit 2017 leitet er die Abteilung Erzeugungs- und Portfoliomanagement, in welcher der Terminmarktzugang sowie die kurzfristige Vermarktung und Optimierung von flexiblen Erzeugern zusammengefasst sind. Davor war er Teamleiter Erzeugungs- und Lastmanagement mit dem Schwerpunkt der Konzeptentwicklung und Betriebsoptimierung von Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen bei kommunalen Energieversorgern. Zudem betreute er die Weiterentwicklung von Hybriden Wärmeversorgungskonzepten und die Fernsteuerbarkeit von EEG-Anlagen. Er hat an der Universität Konstanz Physik studiert.