Die Gaspreise im Wandel: Marktanomalien und Nahost-Konflikt

Die Energiemärkte bleiben in Bewegung. Eine untypische Preiskonstellation im Winter und die Zuspitzung geopolitischer Konflikte stellen Marktteilnehmer vor neue Herausforderungen.

Patrick Kruppa, Leiter der Abteilung Erzeugungs- und Portfoliomanagement bei SüdWestStrom, analysiert für Sie die jüngsten Geschehnisse und ordnet die Risiken ein.

Wie ist die aktuelle Lage auf dem Gasmarkt?

„Die Situation war in den vergangenen Tagen sehr angespannt. Ein wesentlicher Faktor war die zwischenzeitliche Verschärfung des Konflikts im Nahen Osten, dessen Risiko einer weiteren Eskalation nach Vereinbarung der Waffenruhe wieder geringer eingeschätzt wird“, erklärt Patrick Kruppa. „Daher blicken wir nun wieder verstärkt auf die Gasspeicher. Die Füllstände sind für die Jahreszeit auf einem vergleichsweise sehr niedrigen Niveau.“ Aktuell meldet die Bundesnetzagentur einen Füllstand von nur 48,5 % (Stand: 26.06.2025). Dies ist weit entfernt von den gesetzlichen Vorgaben, die zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit in der Energiekrise eingeführt wurden.

Gab es in letzter Zeit unerwartete Entwicklungen?

„Wir haben eine Marktanomalie beobachtet, die es so klassischerweise nicht gibt“, berichtet Kruppa. „Zeitweise war der Gaspreis im Winter günstiger als im Sommer. Normalerweise treibt die hohe Nachfrage im Winter den Preis nach oben.“ Diese Umkehrung des Preis-Spreads zwischen Sommer und Winter stellte vor allem Speicherbetreiber vor ein Dilemma. Ihr Geschäftsmodell, Gas im Sommer günstig einzulagern und im Winter teurer zu verkaufen, war wirtschaftlich nicht mehr darstellbar.

„Die Betreiber steckten in der Klemme“, so Kruppa. „Einerseits sind sie durch das Energiewirtschaftsgesetz (§ 35b EnWG) zu bestimmten Füllständen verpflichtet, um die Versorgungssicherheit zu garantieren. Andererseits verursacht die Einspeicherung Kosten, die durch den Verkauf im Winter nicht gedeckt werden konnten.“ im Verlauf des Frühjahrs hat sich der Markt wieder gedreht. Der Winter ist nun wieder teurer als der Sommer, was die Einspeicherung wirtschaftlich attraktiver macht. „Allerdings muss der Rückstand bei der Befüllung nun aufgeholt werden, was bei großen Speichern wie dem in Rehden eine Herausforderung wird“, fügt Kruppa hinzu.

Welchen konkreten Einfluss hat der Konflikt im Nahen Osten?

„Der Fokus lag auf dem Iran als großem Ölproduzenten und der berühmten Straße von Hormus, einer zentralen Seestraße für den globalen Energiehandel“, schätzt Patrick Kruppa die Lage ein. Eine Blockade hätte weitreichende Folgen gehabt, da auch andere Exporteure wie die VAE betroffen wären. „Rückblickend lässt sich sagen, dass der Markt die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation, die die Energieinfrastruktur betrifft, als gering eingeschätzt hat. Die Risikoaufschläge blieben begrenzt und haben sich nach der Deeskalation schnell wieder abgebaut.“

 

Analysten hatten die Wahrscheinlichkeit einer Blockade als eher gering eingeschätzt. Ein solcher Schritt hätte den Iran international weiter isoliert, da er nicht nur westliche Nationen, sondern auch China getroffen hätte, das gute Beziehungen zum Iran pflegt. Die Unsicherheit während des Konflikts beeinflusste zwar den Ölpreis, was sich wiederum auf den Gaspreis auswirkt, aber die befürchtete Krise blieb aus.

Über Patrick Kruppa:

Patrick Kruppa ist seit über elf Jahren bei SüdWestStrom. Seit 2017 leitet er die Abteilung Erzeugungs- und Portfoliomanagement, in welcher der Terminmarktzugang sowie die kurzfristige Vermarktung und Optimierung von flexiblen Erzeugern zusammengefasst sind. Davor war er Teamleiter Erzeugungs- und Lastmanagement mit dem Schwerpunkt der Konzeptentwicklung und Betriebsoptimierung von Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen bei kommunalen Energieversorgern. Zudem betreute er die Weiterentwicklung von Hybriden Wärmeversorgungskonzepten und die Fernsteuerbarkeit von EEG-Anlagen. Er hat an der Universität Konstanz Physik studiert.

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